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Brandstiftung: Abgrenzung bewusster Fahrlässigkeit von bedingtem Vorsatz

Fachbeitrag im Strafrecht

Brandstiftung im Bauernhaus: Abgrenzung von Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz

Die Frage, ob ein Brandstifter den Tod eines Menschen billigend in Kauf nahm oder bewusst auf dessen Rettung vertraute, ist ein häufiges Prüfungsthema im Staatsexamen. In einem Fall hatte ich Schwierigkeiten damit, weshalb der BGH ein Urteil aufgrund falscher Argumentation bezüglich des bedingten Vorsatzes aufhob.

Der Sachverhalt: Folgendes hat sich ereignet

Ein 69-jähriger Mann fühlte sich mit seiner Situation überfordert: Er lebte mit seiner Partnerin und deren 47-jährigem Sohn in einem renovierungsbedürftigen Bauernhaus. Der übergewichtige Sohn litt nach einem schweren Arbeitsunfall an mehreren Krankheiten und war gehbehindert. Zudem zog er sich immer mehr in sein vermülltes Zimmer auf dem Dachboden zurück.

Die Lebensgefährtin des Mannes war ebenfalls gesundheitlich angeschlagen und benötigte seine Hilfe. Das Haus und Grundstück konnte der Mann allein nicht mehr versorgen.

Da der Sohn sein Wohnrecht am Haus nicht aufgeben und seine Lebensgefährtin ohne ihren Sohn nicht ausziehen wollte, musste eine andere Lösung gefunden werden: Er beschloss, das Haus unbewohnbar zu machen. Er legte in der Scheune direkt am Haus und an seinem Carport Feuer, lief dann ins Haus und rief: „Es brennt, wir müssen raus!“ Seine Partnerin rief zum Dachboden hinauf, dass es brenne, und verließ dann mit ihm das Haus.

Der Sohn konnte sich nicht retten, er wurde schnell bewusstlos und verstarb an einer Kohlenmonoxidvergiftung sowie an Verbrennungen zweiten und dritten Grades.

Das Landgericht Leipzig verurteilte den Mann wegen Brandstiftung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte legten Revision beim Bundesgerichtshof ein. Weder der Verurteilte noch sein Antrag, persönlich zur Revisionsverhandlung vorgeführt zu werden, hatten Erfolg – die Staatsanwaltschaft hingegen schon.

Die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes wurde (fälschlicherweise) abgelehnt.

Der 5. Strafsenat (Urteil vom 14.02.2024 – 5 StR 215/23) bemängelte eine unzureichende Überprüfung des Tötungsvorsatzes. Das Landgericht habe nicht ausreichend beachtet, dass laut Aussage des Brandsachverständigen das Feuer etwa 20 Minuten benötigte, um sich vom Erdgeschoss bis ins Dachgeschoss auszubreiten. Ebenso spreche die Beobachtung der Lebensgefährtin, dass sie bereits vor der Benachrichtigung ihres Partners herabfallende Ziegelbrocken, Staub und Bauschutt bemerkte, gegen die Annahme, der Mann habe sofort alle Bewohner gewarnt, nachdem er das Feuer gelegt hatte.

Das Landgericht habe falsche Prüfungsmaßstäbe verwendet, indem es sich auf das fehlende Tötungsmotiv des Brandstifters konzentrierte. Bei der Unterscheidung zwischen bewusster Fahrlässigkeit und bedingtem Tötungsvorsatz spiele ein Motiv nur in Ausnahmefällen eine Rolle.

Der Bundesgerichtshof fordere die Berücksichtigung aller Umstände in der Prüfung, einschließlich der Frage, ob die tödlichen Folgen im Interesse des Angeklagten lagen. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da der Tod des kranken Sohnes auf dem Dachboden dem Mann gelegen gekommen sei, da er dadurch entlastet wurde.

Die ernsthafte Annahme eines nicht tödlichen Ausgangs der Brandstiftung könne laut den Bundesrichterinnen und -richtern nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Eigentümer dem Toten nicht den Fluchtweg versperrt habe, indem er das Feuer nicht im Dachgeschoss legte. Es sei nicht festgestellt worden, welche Vorstellungen er von der Tatsache hatte, dass das Einatmen von Kohlenmonoxid innerhalb weniger Atemzüge zur Bewusstlosigkeit führen kann. Daher wurde der Fall zur weiteren Untersuchung an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Leipzig zurückverwiesen. (BGH, Urteil vom 14.02.2024 – 5 StR 215/23)

Brandstiftung im Bauernhaus: Abgrenzung zwischen fahrlässigem Verhalten und bedingtem Vorsatz

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